Ratgeber

Die Wunder der Brühe – 5 gute Gründe bei Autoimmunerkrankungen hausgemachte Brühe zu essen

Autor/in:
Simone Koch Dr. Simone Koch (Ärztin) Geprüft

geprüft von Sandy Bittner (Autoimmun-Expertin)
letzte Aktualisierung 15.02.2021

Eine meine schönsten Kindheitserinnerungen bezieht sich nicht auf ein konkretes Ereignis, sondern auf viele… Es ist einer jener Schleswig-Holsteinischen Herbsttage, denen man nachsagt, dass sie einen wesentlichen Anteil daran haben, dass die Norddeutschen so sind, wie sie sind: friesisch herb.
Es regnet und stürmt, und der Wind ist so scharf, dass man das Gefühl hat, dass er einem das Fleisch von den Knochen trennt.

Ich bin in meiner Ganzkörper-Regenverpackung von der Schule nach Hause geradelt, und betrete durchgefroren über den Hofeingang die Küche meiner Oma. Hier ist es herrlich warm, denn der Herd und der Ofen laufen, wie immer, auf Hochtouren. Oma backt, kocht ein und bereitet gleichzeitig das Mittagessen zu. Der dominierende Geruch jedoch, der mir entgegenschlägt und schlagartig den norddeutschen Herbst aus meinem Herzen vertreibt, ist der von Omas hausgemachter Hühnersuppe. Hergestellt aus Gemüse aus dem eigenen Garten und mit einem Huhn, welches glücklich und artgerecht ein Leben in demselben Garten gefristet hat, dazu liebevoll über 24 Stunden gekocht: Diese Suppe ist das pure Glück auf einem Löffel.

Als ich ungefähr fünf Jahre alt war, beging ich mein erstes und einziges Verbrechen:
Ich klaute in unserer Metzgerei einen, an der Kasse ausgestellten Hühnerbrühwürfel, da ich so gerne selber eine solche Suppe zubereiten wollte. Meine Mutter, die draußen peinlich berührt den Diebstahl bemerkt hatte, ging wieder hinein und bezahlte ihn. Und da wir den Würfel nun schon mal besaßen, kochte sie mit mir daraus die gewünschte Suppe.
Ich erinnere mich noch gut an die bodenlose, kindliche Enttäuschung, als die fade Suppe mit dem geschmacklosen Tiefkühlgemüse nicht ansatzweise dem Geschmackserlebnis entsprach, welches ich erwartet hatte. Noch in der Oberstufe schrieb ich in jedes Eintragebuch unter Lieblingsgericht: Omas Hühnersuppe.

Als wir eine Nanny suchten, und diese als Teil ihrer Bewerbung eine Probemahlzeit zubereiten sollte, war die Entscheidung für Kandidatin Nr. 3 bereits gefallen, als mich nach einem 9h-Arbeitstag beim Betreten des Hauses der Duft selbstgemachter Hühnersuppe empfing…
Wir haben diese Entscheidung nicht bereut. 😉

Viele gescheiterte Versuche und ein halbes Leben später habe ich zumindest eine ungefähre Vorstellung davon, was Omas Suppe so besonders machte, und warum es nahezu unmöglich ist, sie zu kopieren: Oma verschwendete Nichts. Das Mitkochen der Hühnerfüße erhöhte den Gelatine-Anteil und machte die Suppe dick und reichhaltig. Das Huhn hatte durch sein glückliches Leben im Freien genau den richtigen Anteil Fett, das Gemüse kam lediglich gründlich gereinigt, aber ungeschält in den Topf. So ist es wahrscheinlich kein Wunder, dass heute, fast ein Drittel Jahrhundert später, die Verwendung verschiedener Brühen und Brühe-Protokolle einen wichtigen Anteil in meinen Therapieschemata einnehmen. Warum ist das so, und warum lohnt es sich bei Autoimmunerkrankungen verschiedene Brühen fest in den Speiseplan zu integrieren?

Hier sind 5 gute Gründe:

1. Collagen

Autoimmunerkrankungen gehen mit einem Verlust an Gewebe einher. Im Falle von rheumatoider Arthritis oder Psoriasis geht sogar direkt collagenes Gewebe verloren, doch auch bei allen anderen autoimmunen Prozessen besteht im Körper die Notwendigkeit, Gewebe wieder auszubauen. Die Proteine aus Gelatine und collagenem Gewebe entsprechen denen, die der Körper benötigt, um diese Wiederaufbauten in Angriff zu nehmen. Brühen stellen diese Proteine in besonders gut resorbierbarer Form zur Verfügung.

2. Phophotidylserin

Viele Autoimmunerkrankungen sind in ihrem Verlauf mit Störungen der Nebenniere vergesellschaftet. Besonders gehäuft findet sich ein zu hoher Stresslevel oder eine gestörte Tagesrhythmik der Ausschüttung von Cortisol. Phophotidylserin ist einer der wenigen Stoffe, die tatsächlich und erwiesenermaßen helfen können den Cortisolspiegel zu harmonisieren, sowie die unphysiologische Ausschüttungen als Reaktion auf Stress zu verhindern. Unglücklicherweise ist dieser Stoff sehr teuer und wird leider aus Soja gewonnen, womit sich viele unwohl fühlen.

In unserer Ernährung kommt Phophptidylserin im Wesentlichen in zwei Dingen vor: Hirn und Knochenmark. Wer zu den Menschen gehört, die sich schwer damit tun eine Scheibe Hirn zu essen oder Mark direkt aus dem Knochen zu lutschen, und zu diesem Kreis zähle ich mich auch, der findet in einer reichhaltigen Brühe eine indirekte Möglichkeit dazu.

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3. Reich an Glutamin

Glutamin ist eigentlich keine essentielle Aminosäure. Studien konnten jedoch zeigen, dass die Aufnahme bei Dysbiosen und Erkrankungen des Darms stark verringert ist. Damit wird Glutamin unter besonderen Bedingungen zu einer konditionell, essentiellen Aminosäure.

Gemeinsam mit Cystein und Glycin gehört es zu den Aminosäuren, die unser Körper benötigt um Glutathion zu bilden. Glutathion ist eines der mächtigsten Antioxidantien unseres Körpers, und essentiell für die Entgiftung von Schwermetallen. Zusätzlich ist es aber auch für den Abbau von Hormonen und die Regeneration im Rahmen von chronisch entzündlichen Erkrankungen verantwortlich.

Doch das ist nicht alles: Glutamin vermindert die Lust auf Süßes und Kohlenhydrate, und hilft somit dabei, eine stabile Blutzuckerlage zu erreichen, welche zur erfolgreichen Behandlung von autoimmunen Prozessen so essentiell ist.

Es wirkt weiterhin nährend auf die Schleimhaut des Darms, und hilft ihm dabei, die Nährstoffe resorbierenden Darmzotten wieder aufzubauen und den Darm zu heilen. Dieser positive Einfluss konnte bei Reizdarmsyndrom ebenso gezeigt werden wie bei Zöliakie und „Leaky gut-Syndrome“.

Durch die vermehrte Aufnahme von Glutamin wird bei chronischen Erkrankungen und im Rahmen von Gewichtsverlust dem Verlust von Muskelmasse vorgebeugt und der Abbau von Fettgewebe erhöht. Zeitgleich konnte gezeigt werden, dass untergewichtige Personen durch erhöhte Glutamin-Aufnahme an Gewicht zulegten, was für eine stoffwechselharmonisierende Wirkung von Glutamin spricht.

4. Reich an Glycin

Glycin hat stark antientzündliche Eigenschaften, und sollte daher in der Therapie chronisch entzündlicher Erkrankungen, wie z.B. Autoimmunerkrankungen, immer eine Rolle spielen. Es ist stoffwechselbeschleunigend und hilft dabei, die negativen Einflüsse einer übermäßigen Kalorienzufuhr auszugleichen. Glycin hilft ebenso dabei, die Magensäureproduktion anzuregen, und verbessert damit die Verdauung.

Im Falle einer zu hohen Stickstoffbelastung hilft Gylcin bei den Entgiftungsprozessen und beim Wiederaufbau von gesundem Gewebe. Es scheint außerdem eine wichtige Rolle im intrazellulären Stoffwechsel der Mitochondrien zu spielen. Weiterhin hat Glycin großen Einfluss bei der Entgiftung von Schwermetallen, sowohl in seiner Rolle als Bestandteil des Gluthations, als auch als Einzelsubstanz, welche die Methylierungsreaktionen (Entgiftungsprozesse in der Leber) beschleunigt.

5. Knochenmark

Die Aufnahme der undifferenzierten Blut- und Immunzellen aus dem Knochenmark scheint eine positive Auswirkung auf die Regeneration und die Zellneubildung zu haben. Dieser Mechanismus ist bisher ungeklärt. Möglicherweise ist der nährende Effekt auch nur durch die hohe Aufnahme an Fett zu erklären.

Pure Knochenbrühe und Knochenmark zu mögen ist nicht mehr unbedingt Teil unserer Kultur, auch wenn gebackenes Knochenmark in der hohen Küche gerne als Zwischengang serviert und als Delikatesse gehandelt wird. Gleiches gilt allerdings auch für Thymus und Gehirn, ebenfalls zwei Organe, mit deren Genuss sich die meisten Mitteleuropäer schwer tun. Ich selbst gehöre auch nicht zu der Gruppe von Menschen, denen beim Anblick und Geruch einer puren Knochenbrühe warm ums Herz wird.

Aus irgendwelchen Gründen entwickeln sich trotzdem in den meisten, besonderen Ernährungsweisen Extremformen: So isst man nur dann so richtig „Paleo“, wenn man mit Genuss seine Zähne in ein Stück halb-rohe Leber schlägt, und noch zusätzlich mit Fett angereicherte Knochenbrühe pur zum Frühstück trinkt. Bei mir persönlich führen diese Gedanken allein schon dazu, dass mein Mageninhalt sich wieder dem Tageslicht zuwenden möchte.

Ist das Grund genug dafür, auf die vielen Vorteile der Knochenbrühe zu verzichten?

Mitnichten! Vielleicht sollten wir kurz daran zurückdenken, was dem Brühwürfel von Maggie als Vorlage diente: Genau, Omas Suppe! Die 24h oder länger gekochte Suppengrundlage, die immer über dem Feuer köchelte, war von jeher das „Fastfood“ des kleinen Mannes, und die schnelle und nahrhafte Variante zur Sättigung.

Muss Knochenbrühe also zum Würgen anregen, und streng und unangenehm nach nassem Tier riechen? Sicher nicht. Mit etwas Kreativität gelingt es, die Wunder der Brühe in großartige Gerichte zu integrieren, die Herz und Seele wärmen, und den Körper auf eine Art und Weise nähren, die wir oft bereits vergessen haben.

Für mich muss dazu die Brühe mit einer cremigen Grundlage aus Gemüse verlängert werden, um erst dann mit schmackhaften Suppeneinlagen angereichert zu werden. Die Menge an Fett sollte nicht zu groß, aber auch nicht zu klein sein. Hierzu kann es nützlich sein, die fertige Brühe abzukühlen und dann zu entfetten. Das Fett kann nun entsprechend der Menge der Suppe nach Geschmackstoleranz hinzugefügt werden.

Grundrezept:

  • 500ml Knochenbrühe/Hühnerbrühe oder Fischbrühe
  • 300g stärkearmes Gemüse oder Blattgemüse, besonders nährstoffreich wird die Suppe durch Zugabe von Wildkräutern
  • 250g stärkehaltiges Gemüse
  • Salz
  • Pfeffer

Alles zusammen kochen und pürieren.

Je nach Zusammensetzung ist das Ergebnis ein Geschmackserlebnis, welches überrascht und Teilnehmer meines Detoxprogramms zu Aussagen wie „Ich habe noch nie so gut gegessen!“ veranlasste.

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