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supprimierter tsh unter t3 header

Der supprimierte TSH unter einer T3-haltigen Therapie

Letzte Aktualisierung: 10.04.2024

Eines der größten Probleme, die Patienten haben, die eine kombinierte Therapie mit T4 und T3 erhalten, ist die Tatsache, dass bei einer vernünftigen Einstellung der TSH supprimiert ist – das bedeutet, der TSH ist nahe 0. Das führt leider immer noch zu einem relativ großen Aufschrei in der Ärzteschaft, von: „Sie werden an einem Herzinfarkt oder Herzversagen sterben“ bis hin zu: „Das verursacht schwerste Osteoporose“, ist da alles dabei. Deswegen ist es sehr wichtig, zu verstehen, warum der TSH in diesen Fällen supprimiert ist. Und es stellt sich natürlich auch die Frage, ob das schlimm ist.

Es gibt viele Gründe, warum es zu einem supprimierten TSH kommen kann. In der Regel sollte es aber auf jeden Fall untersucht werden. Liegt ohne medikamentöse Behandlung oder unter einer reinen Behandlung mit T4 (L-Thyroxin) ein so niedriger TSH vor, so stellt es tatsächlich einen starken Hinweis auf eine Überfunktion oder eine zu hohe Dosierung an T4 und daraus resultierende Überfunktion dar, aber auch Tumore und andere Faktoren / Ursachen sind möglich.

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Wie wird eine Unterfunktion / Hashimoto normalerweise behandelt?

Normalerweise wird eine Unterfunktion der Schilddrüse nur durch die Gabe von T4 (L-Thyroxin) behandelt. Ganz nach dem Vorbild der Schilddrüse, die zu mehr als 90 % T4 herstellt, wird eben auch nur dieses Hormon zugeführt. An verschiedenen Stellen des Körpers wird dann aus dem T4 das T3 gebildet.

Wichtig dabei zu wissen ist: Im Körper „schwimmt“ immer verhältnismäßig viel T4 umher. Das T4 bildet quasi einen Speicher, aus dem dann je nach Bedarf an unterschiedlichen Organen T3 (und in der Folge auch T2 und T1) gebildet werden kann.

T3 ist in seiner Wirkung etwa fünf Mal stärker als T4, aber es hat eine viel kürzere Halbwertszeit und Wirkungsdauer als das T4, daher wird es immer je nach Bedarfslage im Körper gebildet. So benötigt man z.B. weniger T3, wenn man einen sehr ruhigen Tag gemütlich an einem Kamin verbringt.

Warum kann die zusätzliche Gabe von T3 sinnvoll sein?

Eine gute Schilddrüsendiagnostik sollte daher auch mindestens die Bestimmung von TSH, fT4 und fT3 beinhalten. Wird mittels dieser Diagnostik festgestellt, dass die Umwandlung von T4 in T3 nicht in einem adäquaten Verhältnis gelingt, so entscheiden sich viele Therapeuten für die zusätzliche Gabe von T3. Dafür kommen drei Optionen in Frage:

  • Ein Kombinationspräparat wie z.B. Novothyral: In diesem Medikament sind T4 und T3 in einem bestimmten Verhältnis zueinander enthalten.
  • Eine Kombinationstherapie aus L-Thyroxin (T4) und zusätzlichen Gaben von Thybon (T3): Beide Hormone werden einzeln genommen. Der Vorteil liegt darin, dass eine viel individuellere Dosierung des T3 möglich ist, meist müssen diese aber auf mehrere Einnahmezeitpunkte über den Tag verteilt werden – man muss also ständig daran denken, seine Medikamente zu nehmen.
  • Naturidentisches Schilddrüsenextrakt (kurz: NDT) wird aus der Schilddrüse von Schweinen gewonnen und stellt eine dritte Option dar. Es enthält alle Hormone der Schilddrüse, darunter eben neben T4 auch T3, T2 und T1. Aus diesem Grund treten unter der Behandlung mit NDT bzgl. des supprimierten TSH die gleichen Effekte auf wie bei der klassischen Therapie mit T4 und T3. Auch bei einer Therapie mit NDT kommt es in der Regel zu verschiedenen Einnahmezeitpunkten über den Tag verteilt.

Wie werden Schilddrüsenhormone normalerweise verstoffwechselt?

Um nun zu verstehen, warum es unter einer T3-haltigen Medikation zu einem supprimierten TSH kommt, muss man sich zunächst einmal ansehen, wie sich das mit den Schilddrüsenhormonen im Körper normalerweise verhält:

Die Schilddrüse produziert die Hormone, in erster Linie T4. Dieses wird dann in den Körperkreislauf über die obere Hohlvene abgegeben und von dort aus verteilt es sich über die Blutbahnen im gesamten Körper. 

An verschiedenen Stellen des Körpers wird das T4 dann in T3 konvertiert: Zu großen Teilen in Leber und Darm, aber auch direkt in den Organen, in denen es benötigt und sofort verbraucht wird, beispielsweise im Gehirn, in der Niere oder in den Muskelzellen. 

Das T4, welches in der Leber und im Darm in T3 konvertiert wird, wird wieder mittels verschiedener Blutbahnen in den Körperkreislauf gegeben, damit es dann an anderen Stellen unmittelbar verbraucht werden kann. Gleiches gilt übrigens auch für das T2, welches aus dem T3 an verschiedenen Stellen im Körper entsteht und relativ direkt verbraucht wird. 

Das Blut, welches später im Kopf ankommt – also am Hypothalamus und an der Hypophyse – enthält kaum noch T2 oder T3. Dieses ist an anderen Stellen bereits verbraucht worden. Das Gehirn ist zwar für seine Funktion ebenfalls von T3 abhängig, aber es wandelt die benötigte Menge selbst direkt aus T4 um.

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Wie kommt es zu einem supprimierten TSH?

Anders verhält es sich nun, wenn T3-haltige Schilddrüsenhormone geschluckt oder sublingual (unter der Zunge zergehen lassend – was viele Vorteile haben kann) genommen werden. 

Da ja die Konversion also die Bildung von T3 aus T4 an den unterschiedlichen Stellen im Körper nicht ausreichend funktioniert, entscheidet sich der Therapeut dafür, T3 zusätzlich zu geben. Über den Magen und noch stärker über die Mundschleimhäute kommen nun viel höhere Mengen an T3 in den Blutkreislauf, denn damit es da genutzt werden kann, wo es gebraucht wird, müssen nun allgemein größere Mengen an T3 im Blut "umher schwimmen". 

Der T3-Gehalt des Bluts ist also nun generell höher als normal. Und so kommt auch im Gehirn das zugeführte T3 nun nicht nur überhaupt, sondern auch in höherer Dosierung an, da noch keine nennenswerte Mengen verbraucht werden konnten. Das Gehirn, genauer der Hypothalamus und in der Folge dann auch die Hypophyse registrieren daher eine „unnormal“ große Menge T3 (und T2). Als Reaktion „entscheidet“ der Hypothalamus, dass die Hypophyse (viel) weniger TSH produzieren soll, damit dann wiederum die Schilddrüse in ihrer Funktion gedrosselt wird – denn nach Ansicht des Hypothalamus arbeitet die Schilddrüse gerade viel zu viel und es liegt eine viel zu hohe Produktion an Schilddrüsenhormonen vor. 

Unter einer Therapie mit T3 und besonders unter Therapie mit T3 und T2 wie es bei einer Behandlung mit NDT der Fall ist, ist daher der Effekt des supprimierten TSH normal und letztlich auch ein Kriterium, ob die Dosierung ausreichend ist.

Die Gründe sind also in erster Linie in der Physiologie zu suchen: Das Blut wird an Stellen des Körpers mit T3 angereichert, an denen normalerweise nicht solche Mengen an T3 zugesetzt werden. Und das wiederum führt dazu, dass erst einmal bedeutend mehr T3 am Hypothalamus „vorbeikommt“, bevor es aus dem Gehirn wieder rauszirkuliert und mittels des Blutkreislaufs in den gesamten Körper transportiert wird, wo es dann dem Bedarf entsprechend verbraucht wird. Salopp formuliert: Durch die orale oder sublinguale Aufnahme macht das T3 einen Umweg über das Gehirn und führt zu „Verwirrung“1.

Genau in diesem Sachverhalt liegt aber auch ein Nachteil der kombinierten Therapie aus T4 und T3, bzw. der Therapie mit NDT: Es kann nicht einfach abgesetzt werden. Wer zu einer reinen Therapie mit T4 zurückkehren möchte, muss das T3 langsam ausschleichen, mit dem Ziel, dass Hypothalamus und in der Folge die Hypophyse geringere Mengen T3 registrieren und so die Produktion des TSH wieder hochfahren.

Kann ein supprimierter TSH Folgeerkrankungen nach sich ziehen?

Ist es also schlimm, dass der TSH-Wert supprimiert ist? Führt das wirklich zu Osteoporose, zu Herzinfarkten, zu Herzversagen und ähnlichem? Nach dem heutigen Wissenstand muss man sagen: Nein, bei einem durch die Gabe von T3-bedingtem, supprimiertem TSH ist das Risiko an solchen Erkrankungen zu erkranken nicht höher als bei anderen. Wichtig ist aber, dass die Schilddrüse gut eingestellt ist und dadurch eine so genannte euthyreote Lage, also eine gute Versorgung mit Schilddrüsenhormonen, vorherrscht.

Woher kommt aber diese Idee, dass ein supprimierter TSH Gefahren birgt?

Hier liegen in erster Linie Ergebnisse von Versuchen an Ratten zu Grunde. Es wurden Ratten gezüchtet, die kein eigenes TSH mehr produzieren konnten, sogenannte „TSH-Ob-Out-Ratten“. Diesen Ratten wurde eine Gruppe normaler Ratten mit relativ viel TSH gegenübergestellt. Beiden Gruppen wurde dann L-Thyroxin verabreicht und zwar so viel, dass eine Überfunktion ausgelöst wurde, sie hyperthyreot wurden. Da eine dauerhafte Hyperthyreose i.d.R. immer zu Osteoporose führt2, erkrankten auch die Ratten aus beiden Gruppen daran. Im nächsten Schritt wurde der Schweregrad der Osteoporose bestimmt. Im Ergebnis ließ sich feststellen, dass die Ratten ohne TSH deutlich schwerer an Osteoporose erkrankten als die mit.

In einer anderen Untersuchung wurde überprüft, ob Kinder, die aufgrund von verschiedenen Behandlungsmethoden seit frühester Kindheit an und über viele Jahre einen supprimierten TSH aufwiesen, ebenfalls ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose hatten. Hier ließ sich eine solche Kausalität nicht herstellen: bei keinem der untersuchten Kinder ließ sich Osteoporose und damit auch kein erhöhtes Risiko feststellen.

Der entscheidende Unterschied liegt daher nicht in erster Linie im TSH, sondern grundsätzlich erst einmal im Zusammenspiel von Schilddrüse und hormoneller Lage. Anders als die Ratten befanden sich die Kinder in einer euthyreoten Stoffwechsellage, d.h. fT4 und fT3 waren die ganze Zeit über in Ordnung, nur der TSH war supprimiert. Die Ratten dagegen wurden alle dauerhaft mit Medikamenten in einer Überfunktion gehalten.

Die Erkenntnisse wurden an anderen Stellen überprüft: So wurde eine ähnliche Untersuchung wie bei den Kindern auch an deutlich älteren Erwachsenen durchgeführt. Bei dieser relativ großen Studie waren die Teilnehmer zwischen 40 und 60 Jahren alt. Auch hier lag ein supprimierter TSH bei guten Schilddrüsenwerten vor. Ein vermehrtes Auftreten von Osteoporose ließ sich aber ebenfalls nicht feststellen. Aufgrund dieser und weiterer Untersuchungen kommen Experten wie Dr. J. Fassbender und Dr. L. Brakebusch zu dem Ergebnis, dass weder ein erniedrigter TSH bei normalen Werten für fT4 und fT3 noch die Kombinationstherapie mit T4 und T3, die in er Regel einen stark erniedrigten TSH bei guten fT4- und fT3-Werten zur Folge hat, das Osteoporose-Risiko steigern3.

Morbus Basedow-Patienten dagegen tragen nachgewiesenermaßen ein stark erhöhtes Risiko, zusätzlich auch an Osteoporose zu erkranken. Bei diesen Patienten liegt zwar ebenfalls ein supprimierter TSH vor, dieser wird aber ausgelöst durch die anhaltende Überfunktion der Schilddrüse. Die Überfunktion führt zur Osteoporose, nicht der supprimierte TSH.

Als Konsenz dieser Studien wird daher gesehen, dass das erhöhte Osteoporose-Risiko nicht vom TSH abhängt, sondern an die Stoffwechsellage der Schilddrüse gekoppelt ist. Die Überfunktion, die hyperthyreote Lage, ist der entscheidende Faktor für die Entwicklung einer Osteoporose. Ein supprimierter TSH kann die Folgen einer Hyperthyreose verstärken, nicht jedoch eine Osteoporose auslösen4.

Diese Untersuchungen wurden dann ausgeweitet und es wurde auch überprüft, ob möglicherweise ein supprimierter TSH unter euthyreoter Gesamtlage ein höheres Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen bergen würde. 

Bestätigen ließen sich hier ebenfalls keinerlei Zusammenhänge, eher das Gegenteil konnte gezeigt werden: das Risiko in der Gruppe der supprimierten Patienten für Herzkreislauf-Erkrankungen war sogar etwas geringer. Sehr empfehlenswert ist zu dieser Thematik ist Buch von Broda Barnes: "Solved: the riddle of heart attacks". Trotz seines Alters sind viele Inhalte des Buchs noch aktuell (Einschätzung Dr. Simone Koch, September 2019). Leider ist es vergriffen und nur auf Englisch erhältlich, aber hier wird super dargelegt, dass ein guter T3-Wert entscheidend für die Herzgesundheit ist.

Nimmt ein supprimierter TSH negativ Einfluss auf die Balance der Geschlechtshormone?

Da die Hypophyse ja nicht nur die Schilddrüse steuert, sondern auch für andere Hormone zuständig ist, liegt die Frage nahe, ob ein supprimierter TSH dann auch Einfluss auf andere Regelsysteme wie z.B. die LH/FSH-Produktion nimmt. Hier kann man ganz klar sagen: nein, das passiert nicht. Zwar hängen diese unterschiedlichen Regulationssysteme in gewisser Weise miteinander zusammen, aber es kommt zu keiner Runterregulation des Zyklus, des Östrogens o.ä. durch eine den TSH supprimierende Therapie. Hierzu gibt es weder wissenschaftliche Hinweise noch Beobachtungen aus der alltäglichen Praxis, die Zusammenhänge vermuten lassen würde5.

1 Dr. Simone Koch, Wissenspaket „Hashimoto-Thyreoiditis“
2 vgl. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Hyperthyreose-macht-die-Knochen-sproede-313690.html
3 vgl. https://schilddruesenguide.de/thyreoiditis/schilddruesenfehlfunktion-als-risikofaktor-fuer-die-entwicklung-einer-osteoporose/
4 Studie: D. C. Bauer, M. C. Nevitt, B. Ettinger, K. L. Stone: „Low thyreotropin levels are not associated with bone loss in older woman“ J Clin Endo Ca Metab 1997, 9(82): 2931 – 2936)
5 Dr. Simone Koch, Wissenspaket „Hashimto-Thyreoiditis“

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Quellen- und Literaturangabe

Bauer, D.C. / Nevitt, M.C. / Ettinger, B. / Stone, K. (1997): "Low thyrotropin levels are not associated with bone loss in older women: A prospective study". The Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism, 82(9), 2931–2936. https://doi.org/10.1210/jcem.82.9.4229 (letzter Abruf: 10.04.2024)

Koch, Simone"Wissenspaket Hashimoto-Thyreoiditis". Online-Produkt der Autoimmunhilfe, erschienen im Februar 2019

Lehmann, Marlinde: "Hyperthyreose macht die Knochen spröde", erschienen am  26.04.2019. Springer Medizin Verlag GmbH, Ärzte Zeitung. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Hyperthyreose-macht-die-Knochen-sproede-313690.html (letzter Abruf: 10.04.2024)

Wobker, Nicole: "Schilddrüsenfehlfunktion als Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose", erschienen am 15.01.2024. Schilddrüsenguide – Der unabhängige Internetwegweise zu Erkrankungen der Schilddrüse. https://schilddruesenguide.de/thyreoiditis/schilddruesenfehlfunktion-als-risikofaktor-fuer-die-entwicklung-einer-osteoporose/ (letzter Abruf: 10.04.2024)