Ratgeber
Hashimoto und Kreuzblütler
Autor/in:
Dr. Simone Koch (Ärztin)
geprüft von Sandy Bittner (Autoimmun-Expertin)
letzte Aktualisierung 15.02.2021
Eines unserer bemerkenswertesten Erlebnisse in unserem Abnehmkurs mit Hashimoto-Thyreoiditis war der Vorfall, als eine Teilnehmerin nach Erhalt des Kurses nicht mehr am Kurs teilnehmen wollte, weil sie in den Rezepten die Zutat Brokkoli entdeckt hatte.
Zunächst konnte ich ihre Beanstandung nicht richtig deuten bis mir bewusst wurde, dass Brokkoli zu den Kreuzblütlergewächsen, auch Cruciferae oder Brassica Familiengewächse genannt, zählt. Kreuzblütlergewächse sind ein großes Streitthema hinsichtlich der Schilddrüsengesundheit. Daher geht es in der heutigen Folge auch um diesen Aspekt.
Die gesundheitsfördernde Wirkungen der „Brassica-Familie“
Meine Patienten wissen, dass ich ein großer Freund der „Brassica-Familie“ bin. Aus welchem Grund? Die Gewächse der „Brassica-Familie“ sind alle unglaublich nährstoffdicht. Dazu zählen sämtliche Kohlarten wie Weißkohl, Grünkohl, Rotkohl, Chinakohl, Pak Choi, Kohlrabi, Radieschen, Meerrettich, verschiedene Arten von Rüben, Schwarzkohl und viele mehr. Die Liste ist unglaublich lang.
Grünkohl führt die Liste der am nährstoffreichsten Kohlarten an. Kein Lebensmittel enthält so viele Nährstoffe wie Grünkohl. Deswegen ist Grünkohl auch in der Paleo-Szene so beliebt. Vitamin C und Vitamin B sind in riesigen Mengen enthalten, genauso wie viele Antioxidantien und Schwefelstoffe, die den Körper zur Glutathion-Produktion anregen sowie bestimmte Sulfonamide, die anticancerogen sind und Krebs verhindern und sogar gegen Krebs helfen sollen. Ebenfalls Stoffe, die im Magen Helicobacter abtöten. Diese Lebensmittel bringen eine beträchtliche Masse von Stoffen mit, die einfach extrem hilfreich für die Gesundheit sind.
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Im original Wahls-Protokoll von Terry Wahls, ist ein wesentlicher Bestandteil riesige Mengen an Gemüse, insbesondere „Brassica-Gemüse“, zu verzehren. Auf die Frage hin, was Terry Wahls an ihrem Programm für am wichtigsten hält, war die Antwort nicht etwa ketogen zu bleiben oder die absolut strenge Paleo Diät einzuhalten, sondern die Muskelstimulation und der Konsum des „Brassica-Gemüses“.
„Brassica-Gemüse“ hat also unheimlich hilfreiche und gesundheitsfördernde Wirkungen.
Wo ist das Problem mit Kreuzblütlern und der Schilddrüse?
Kreuzblütler enthalten bestimmte chemische Verbindungen, die auch als strumagen bezeichnet werden. Das heißt, sie können die Schilddrüse blockieren, können die Jodaufnahme an der Schilddrüse verhindern und dadurch dafür sorgen, dass die Schilddrüse größer wird und anschwillt. Damit das überhaupt passiert, müssen aber ein paar Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen ist das der Jodmangel. Nun haben fast alle Schilddrüsenpatienten einen Jodmangel. Das ist ein sehr kontroverses Thema auf das ich an dieser Stelle gar nicht weiter darauf eingehen möchte.
Wenn du dir unsicher bist rate ich dir dazu, dich einfach mal testen zu lassen. Folge nicht blind der Annahme, dass Jod für alle Schilddrüsenpatienten schlecht ist, sondern finde heraus wie es um deinen Immunspeicher tatsächlich steht. Wichtig ist, dass Jod ein essentielles Spurenelement und für jeden von uns entscheidend und lebensnotwendig ist. Jodmangel ist genauso gefährlich und schlecht wie Jodüberschuss. Die Universität in Bielefeld hat übrigens viel zu dem Thema rund um die Gruppe Schilddrüsengesundheit geforscht. Sie haben 800 Hashimoto-Patienten in Deutschland auf eine Joddefizität getestet. Das Ergebnis hat gezeigt, dass alle getesteten Schilddrüsenpatienten einen Jodmangel vorweisen.
Ein schwerwiegender Jodmangel ist also eine der Voraussetzung dafür, dass die Gemüse der „Brassica-Familie“ ungünstig für Schilddrüsenpatienten sein können. Sofern kein Jodmangel besteht, können diese Gemüsesorten bedenkenlos verzehrt werden. Falls ein Überschuss an zum Beispiel Flor oder Calcium, die zusätzlich eine Blockade der Schilddrüse verursachen, vorliegt und man riesige Mengen roh verzehrt, können eventuell noch Schäden entstehen. Strumagenen Stoffe überleben einen Kochvorgang jedoch überwiegend nicht.
Mir ist nur ein einziger Fall einer wahrscheinlichen Schildddrüsenblockade in Verbindung mit dem Verzehr von Gemüse aus der „Brassica-Familie“ bekannt. Dabei hatte eine Patientin täglich Unmengen an Weißkohlsaft getrunken. Obwohl Weißkohlsaft aufgrund dessen, dass er die guten Nährstoffe des Weißkohls konzentriert enthält enorm gesund ist, sollte man nicht mehr als ein Glas pro Tag verzehren.
Wir haben also auf der einen Seite äußerst große Vorteile der „BrassicaGemüse“. Auf der anderen Seite den Nachteil der strumagenen Wirkung, die aber nur auftritt, wenn bestimmte andere Grundvoraussetzungen erfüllt sind. Wenn die Schilddrüse bei einer Hashimoto-Thyreoiditis von außen mit Eltroxin, mit Eltroxin plus Liothyronin oder mit natürlichem Schilddrüsenextrakt substituiert wird und vielleicht sogar so substituiert wird, dass sie supprimiert ist, dann ist die strumagene Wirkung der „Brassica-Familie“ völlig egal. Weil dann eben von außen die Produktion der Schilddrüsenhormone übernommen wird und die Einnahme der Schilddrüsenhormone ersetzt dann die Produktion der Schilddrüsenhormone in der Schilddrüse selbst.
Die Konversion von T4 in andere Stoffe findet ohnehin kaum in der Schilddrüse statt und wird über die Gemüse der „Brassica-Familie“ nicht verhindert, sondern eher unterstützt. Worum es geht ist die Produktion von T4, die zum Teil durch Brassica etwas unterbunden werden kann. Durch ihre enorm vorteilhafte Wirkung auf die Leber und die Beschleunigung bestimmter Methyilierungsprozesse in der Leber, sind die Gemüse der „Brassica-Familie“ für die Konversion von T4 in T3 sogar eher hilfreich.
Ich hoffe, dass ich dir Fragen hinsichtlich der Kreuzblütler beantworten konnte und du morgen voller Genuss deinen Brokkoli und anderes Gemüse der Kreuzblütlergewächse essen kannst. Guten Appetit!
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